Erste AMNOG-Nutzenbewertung nach beauflagtem Register

Ein überraschendes Ergebnis

Di, 07.04.2020

Am 2. April 2020 wurde mit dem Beschluss zur Nutzenbewertung des Wirkstoffes Asfotase alfa (Strensiq®) der erste Präzedenzfall veröffentlicht, in dem der G-BA in der Vorgeschichte eine anwendungsbegleitende Datenerhebung beauflagt hatte. Der Zusatznutzen von Asfotase alfa wurde erstmals im Jahr 2016 bewertet. Zu diesem Zeitpunkt galt der Zusatznutzen des Orphan Drugs durch die Zulassung als belegt. Nichtsdestotrotz wurde der damals gültige Beschluss mit der Auflage befristet, ein „prospektives Register" einzurichten, in dem „ergänzend zu den Anforderungen der EMA zusätzliche Daten für die in Deutschland mit Asfotase alfa behandelten Patienten erfasst werden" sollten.

Nach Überschreitung der Umsatzgrenze von 50 Millionen Euro wurde Asfotase alfa nun im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie Best-Supportive Care erneut bewertet: Der G-BA stellte lediglich für eine kleine pädiatrische Subpopulation der Patienten auf Basis eines historischen Vergleichs einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen fest. Die Daten aus dem beauflagten Register wurden jedoch nicht für die Nutzenbewertung herangezogen. In den Tragenden Gründen zum Beschluss bestätigte der G-BA zwar die formale Umsetzung der Einrichtung eines Registers, eine Berücksichtigung der Registerdaten sei aus verschiedenen Gründen jedoch nicht möglich. Bei der Ausformulierung dieser Gründe übernahm der G-BA zum Teil den Wortlaut der harschen Kritik, die das IQWiG bereits in seiner Dossierbewertung sowie in einer tendenziös anmutenden Pressemitteilung am 15. Januar 2020 veröffentlicht hatte.

Dabei hatte der Vorsitzende des G-BA, Prof. Hecken, die Diskussion zur Berücksichtigung der Registerdaten in der mündlichen Anhörung am 24. Februar 2020 quasi zur Chefsache erklärt. Im Gegensatz zur Kritik des IQWiG sei laut Prof. Hecken Faktum: „Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte in seinem Beschluss keine Studie beauflagt, sondern eine Registerbefüllung." Zudem habe es nach dem damaligen Beschluss mehrere Beratungen hinsichtlich der relevanten Endpunkte für dieses Register gegeben. Das müsse man „einfach in die Historie einbeziehen, wenn man halbwegs fair miteinander umgehen will", so Hecken. Trotz dieser klaren Aussagen des Vorsitzenden folgte der G-BA in seinem Beschluss fast uneingeschränkt der Einschätzung des IQWiG, das sich bereits seit einiger Zeit, unter anderem in einem am 24. Januar 2020 veröffentlichten Rapid Report, vehement gegen die Verwendbarkeit von Registerdaten ausspricht. Damit scheint der Weg geebnet für gleichbleibend hohe methodische Anforderungen, die auf Basis der im Fall von seltenen Erkrankungen häufig unumgänglichen, im Vergleich zu randomisierten kontrollierten Studien niedrigeren Evidenzstufen nur schwer zu erfüllen sein werden.

Quellen:
G-BA-Beschluss zur Nutzenbewertung von Asfotase alfa vom 17. März 2016
Tragende Gründe zum G-BA-Beschluss zur Nutzenbewertung von Asfotase alfa vom 17. März 2016
G-BA-Beschluss zur Nutzenbewertung von Asfotase alfa vom 2. April 2020 (Neubewertung eines OrphanDrugs nach Überschreitung der 50 Mio. Euro Grenze)
Tragende Gründe zum G-BA-Beschluss zur Nutzenbewertung von Asfotase alfa vom 2. April 2020 (Neubewertung eines OrphanDrugs nach Überschreitung der 50 Mio. Euro Grenze)
Wortprotokoll der mündlichen Anhörung zum Wirkstoff Asfotase alfa vom 24. Februar 2020
IQWiG-Dossierbewertung Asfotase alfa (veröffentlicht am 15. Januar 2020)
IQWiG Rapid Report: Konzepte zur Generierung versorgungsnaher Daten und deren Auswertung zum Zwecke der Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach § 35a SGB V
IQWiG-Pressemitteilung vom 15. Januar 2020

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Ihre Ansprechpartnerin Dr. rer. nat. Lydia Frick
Dr. rer. nat. Lydia Frick
M.Sc. Psychologie
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