Preisregulierung von Arzneimitteln vor und nach dem US-Wahlkampf

Was bedeutet der Regierungswechsel für den Arzneimittelmarkt?

Mi, 09.12.2020
Die USA sind bekannt für ihr teures Gesundheitssystem. Der Trend ist steigend und wirft Fragen zur Finanzierbarkeit auf. Im Jahr 2018 wurden in den USA laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 1.229 Dollar pro Kopf für ambulant abgegebene Arzneimittel ausgegeben. Hiermit lagen sie in doppelter Höhe über dem Durchschnitt der restlichen OECD-Länder. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass sich die Politik Gegenmaßnahmen zu den steigenden Arzneimittelausgaben auf die Agenda setzt.

Der aktuell stattfindende US Regierungswechsel veranschaulicht wie unterschiedlich diese Maßnahmen sein können. Beispielsweise unterschrieb Trump im Juli 2020 eine Rechtsverordnung zulasten sogenannter Pharmacy Benefit Manager. Diese werden von Krankenversicherungen beauftragt, um Arzneimittelpreise mit den Pharmakonzernen auszuhandeln. Sie finanzieren sich durch Einbehaltung eines Anteils der mit den Konzernen ausgehandelten Rabatte. Je größer dieser Rabatt ist, desto teuer sind die Abgabepreise der Apothekenketten. Da der einbehaltene Anteil als zu groß angesehen wird, ist eine Weitergabe an die Patienten vorgesehen. Kritiker bezweifeln allerdings, dass diese Rechtsverordnung zu viele Umgehungsmöglichkeiten hat und deshalb nicht den gewünschten Effekt erzielt. Ebenso wird ein ausstehender Effekt einer von Trump selbst umworbenen Insulinpreis-Herabsenkung beklagt.

Weitere Bemühungen der Trump-Regierung zielten auf umfangreiche Arzneimittelimporte aus Kanada ab. Neben Einsparungen sollte so auch eine Versorgungssicherheit im Zuge der Corona-Pandemie realisiert werden. Allerdings wurde dies jüngst von der kanadischen Regierung abgelehnt.

Aktuell fordert Trump die Einführung eines Referenzpreissystems für Arzneimittel (engl. „most-favored-nation price"). Der daraus resultierende Preis soll der niedrigste um Volumen und Unterschiede im nationalen Bruttoinlandsprodukt bereinigte Preis für ein pharmazeutisches Produkt sein, das der Arzneimittelhersteller in einem Mitgliedsland der OECD verkauft, das ein vergleichbares Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt hat. Konkretere Ausgestaltungen blieben bisher aus.

Bemerkenswerterweise wurde Trump für seinen Wahlkampf bis November dieses Jahres von der pharmazeutischen Industrie lediglich mit ca. 2,2 Mio. Dollar unterstützt, wohingegen Biden ca. 11,3 Mio. Dollar erhielt. Dieser sieht für seine anstehende Amtszeit vor, den 2010 eingeführten Affordable Care Act, auch Obamacare genannt, weiter auszubauen. In diesem Zusammenhang sollen beispielsweise Steuergutschriften erlassen werden, um bestimmte Bevölkerungsgruppen bei der Finanzierung hoher Gesundheitsausgaben zu unterstützen. Für Arzneimittelwerbungen hingegen sollen die Steuerregelungen verschärft werden.

Der Bevölkerung soll grundsätzlich die Möglichkeit geschaffen werden, bestimmte zertifizierte Arzneimittel zu importieren, um somit den Wettbewerb für die pharmazeutischen Unternehmen zu intensivieren und indirekt die Preise zu senken. Auch unmittelbare Eingriffe sind für die Preisregulierung geplant. Zum einen sollen Preiserhöhungen von Generika, die über Inflationsanpassungen hinaus gehen, besteuert werden. Zum anderen soll die Verhandlungsmacht gegenüber Anbietern, deren Arzneimittel nicht im Wettbewerb stehen, gestärkt werden. Hierzu verpflichtet die künftige Regierung von Biden sie zu Verhandlung mit Medicare. Darüber hinaus sollen sie der Prüfung eines noch zu etablierenden unabhängigen Überprüfungsausschusses unterzogen werden. Dieser soll ihren Wert evaluieren, um einen Erstattungsbetrag zu ermitteln. Zur genaueren Ausgestaltung blickt Biden auf das deutsche AMNOG-Verfahren.

Wie bereits im vergangenen Blogpost berichtet, bestehen starke Interdependenzen zwischen deutschen und internationalen Arzneimittelregelungen. Es ist nicht auszuschließen, dass die bevorstehenden Veränderungen des US-amerikanischen Markts auch erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Preisfindung haben. Wir behalten von Anfang an den Überblick und begleiten Sie sicher durch Neuland.

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