Fünfter Strategiebereich der EMA-Netzwerk-Strategie

Herausforderungen in der Lieferkette von Arzneimitteln

Fr, 05.03.2021
Im fünften Teil der Blogreihe zur Netzwerk-Strategie der EMA (European Medicines Agency) stellen wir Ihnen den fünften von sechs strategischen Bereichen vor, der von der EMA und den HMA (Heads of Medicines Agencies) identifiziert wurden.

In diesem Bereich zeigt sich die heutige Komplexität der globalen Versorgungsstrukturen des 21 Jahrhunderts wohl am deutlichsten. Durch die globale Vernetzung werden Medikamente häufig in fernen Ländern (meistens China oder Indien) produziert, nach Europa importiert, eventuell umetikettiert und schlussendlich erst lokal verteilt. In diesem Rahmen sieht die EMA es als notwendig an, ihre Überprüfungskapazitäten zu erhöhen und somit mehr Einsicht in die Lieferketten zu erhalten. Hierzu formuliert die höchste europäische Arzneimittelbehörde gemeinsam mit den HMA folgende Ziele:

1. Verbesserung der Nachverfolgbarkeit, Übersicht und Sicherheit entlang der medizinischen Lieferkette über Produktion, Import und Verabreichung von aktiven Substanzen oder Hilfsstoffen.

2. Förderung des Aufbaus von Überwachungskapazitäten auf EU- und internationaler Ebene, um Probleme von Wirkstoffen, neuen Technologien und der kontinuierlichen Herstellung frühzeitig festzustellen und zu adressieren.

3. Stärkung der Verantwortung für die Produktqualität durch Harmonisierung und Stärkung der Leitlinien, um eine kohärente Herangehensweise der Regulierungsbehörden und der Industrie an die Standards für Human- und Tierarzneimittel zu erleichtern.

4. Förderung der Resilienz von Lieferketten und Überprüfung der langfristigen Risiken, die sich aus der Abhängigkeit von einer begrenzten Anzahl von Herstellern und Standorten ergeben, um die Kontinuität der Lieferung und Verfügbarkeit von Arzneimitteln zu gewährleisten.

5. Analyse von möglichen Implikationen neuer Produktionstechnologien und Adaptierung der bestehenden regulatorischen Rahmenbedingen, um diese Innovationen in der Herstellung und Distribution von Human- und Veterinärarzneimitteln zu nutzen.

Die Bedeutung der Lieferketten und insbesondere deren Versagen wurde durch die COVID-19 Pandemie hervorgehoben. Neben den oben bereits vorgeschlagen Lösungen, wird ebenfalls die Durchführung einer Risiko-Bewertung bei Markteinführung diskutiert, in der potenzielle Risiken dargestellt und eine Übersicht gegeben werden sollte, aus welchem Teil der Welt die jeweiligen Wirk- oder Hilfsstoffe bezogen werden. Ein weiterer politischer Schritt, der bereits in der Strategie angesprochen wird, ist die Möglichkeit, zukünftig die Produktion von Arzneimittel in der EU zu fördern.

Verbunden mit den Fragestellungen rund um die Lieferketten ist darüber hinaus der sich abzeichnende Trend der Pharma 4.0, angelehnt an die Entwicklungen in der Industrie 4.0. Im Rahmen dieses Konzeptes werden neue Technologien wie beispielsweise Sensorik genutzt, um die industrielle Produktion weiter zu digitalisieren und Effizienzgewinne zu realisieren. Auch in diesem Handlungsfeld können übergreifende Regelungen helfen, um die neuen Technologien schnell zu implementieren und somit zum Beispiel Apotheken oder Krankenhäuser mit eigenen Produktionseinheiten für Arzneimittel auf Basis der 3D-Drucktechnologie auszustatten. Diese Entwicklung hin zur kontinuierlichen Produktion (Continous Manufacturing, CM) ist ein Kernelement der neuen EMA-Strategie und deutet ganz klar die von der EU-Politik forcierte Entwicklung weg vom Chargen-basierten Produktionssystem an.

Diese Überlegungen im Hinblick auf den Distributionsprozess von Arzneimitteln sind zusammengenommen hochrelevant und werden den Entwicklungen in der Marktzulassung weiter Nachdruck verleihen. Wir bei SKC verfolgen neue Entwicklungen in diesem Bereich genau und arbeiten bereits daran, diese neuen Impulse für unsere Klienten in die Marktzugangsstrategien zu implementieren.

 
Autor: Sebastian Marben, M. Sc. 
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