Minderwuchs und Hörverlust – Einblicke in die Mukopolysaccharidose.

Der Rare Disease Day 2021 steht bevor – wir, SKC, wollen unseren Teil dazu beitragen, mehr Aufmerksamkeit für diese Erkrankungen zu generieren. Dieses Mal zu Mukopolysaccharidose.

Di, 23.02.2021
Im zweiten Teil der Blogreihe zu den seltenen Erkrankungen anlässlich des Rare Disease Day 2021 geht es um die Mukopolysaccharidose Typ VII (MPS VII) - auch Sly-Syndrom oder Morbus Sly genannt. Diese lysosomale Speicherkrankheit zeichnet sich durch ihre extreme Seltenheit aus. Seitdem die Krankheit zum ersten Mal 1973 durch dem Amerikaner Wiliam S. Sly beschrieben wurde, diagnostizierte man weltweit weniger als 40 Patienten. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass diese Krankheit stark unterdiagnostiziert ist, was eine korrekte Therapie, welche zur Verfügung steht, in den meisten Fällen unmöglich macht (1). Dabei sind die Symptome in den meisten Fällen sehr markant, unterscheiden sich aber dennoch erheblich. Sie haben nur eins gemein, und zwar eine erhebliche Auswirkung auf die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten. Neben Minderwuchs, Hörverlust, Sprachstörungen, Hirsutismus und einem veränderten Skelettwachstum, kann es auch zu Störungen in den Atemwegen kommen. Besonders fatal trifft es Patienten, die an der frühkindlichen, stark-progressiven Form leiden. Diese versterben sehr häufig noch vor der Geburt.

Diese Symptome können auch zu starken, sozialen Einschränkungen führen, wie eine Studie der Charité und des Universitätsklinikums Mainz zeigen konnte (2). Viele Patienten haben von Anfang an keine Chance auf ein Leben in normalen Bahnen. Sie besuchen spezielle Schulen für Menschen mit körperlichen Behinderungen und haben nach ihrem Abschluss Probleme, eine Einstellung abseits von speziellen Programmen wie bspw. Werkstätten für Behinderte zu finden. Ebenso können MPS VII Patienten auch häufig nicht allein leben, sondern sind auf spezielle Betreuungsangebote angewiesen, was sich unter anderem durch einen dauerhaften Bedarf an psychologischer Betreuung äußert (2).

Auffällig bei dieser Krankheit ist außerdem das hohe Auftreten innerhalb bestimmter Migrationsgruppen in Deutschland, was zusammengenommen mit den häufig nicht verstandenen Wirkungen des Medikamentes zu einer niedrigen Compliance führt (2). Besonders bitter sind Aussagen von Patienten zu der lebenswichtigen Therapie:

„Ich denke mir: Zeitverschwendung. Kann ich auch was Besseres machen, keine Ahnung." (2)

Dabei ist ein Versetzen in die Lage dieser Patienten kaum möglich. Welcher gesunde Bürger ist schon auf eine Progressions-aufhaltende Therapie angewiesen und kann nachvollziehen, was es heißt, dass es Medikamente gibt, diese aber nur den Status Quo halten und eben nicht heilen können.

Insgesamt zeigt sich auch im Rahmen der MPS VII, wie schwierig es ist, diese Patientinnen und Patienten wirklich zu verstehen. Es ist ein tragischer Schicksalsschlag, dass bei dieser Erkrankung die mangelhaften sozio-ökonomischen und kulturellen Aspekte noch zu einer Verschlechterung der Therapie führen. Dieses Beispiel zeigt jedoch auch beeindruckend, dass es im Rahmen einer Nutzenbewertung eines neuen Medikamentes nicht ausreicht, sich die klinische Evidenz anzusehen. Es ist zwingend erforderlich, die Krankheit in der Versorgungsrealität zu untersuchen und auch die Patienten und deren Leidensdruck zu verstehen.

Weitere Informationen finden Sie hier:

(1) Allgemeine Information können auf der Orphanet-Seite abgerufen werden.

(2) Über die Website Esanum sind ebenfalls weitere Informationen abrufbar.

(3) Der Verein Mukopolysaccharidosen Schweiz stellt einen möglichen Anknüpfungspunkt für deutschsprachige Patientinnen und Patienten dar.

Autor: Sebastian Marben, M. Sc. 

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