Morbus Osler (HHT)

Mehr als schlichtes Nasenbluten

Mi, 21.02.2024
Morbus Osler, auch bekannt als hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (HHT), ist eine seltene, autosomal-dominate Erbkrankheit, die zu pathologischen Veränderungen der Blutgefäße führt.

Das Ausmaß und die Lokalisation der abnormalen Blutgefäße bestimmen maßgeblich die symptomatische Belastung und die Beeinträchtigung der Lebensqualität, die HHT-Betroffene durch ihre Erkrankung erfahren. Die Krankheitslast kann stark variieren und unterscheidet sich selbst bei Familienmitgliedern mit vergleichbarer Pathologie: Ein Teil der Patienten ist asymptomatisch oder präsentieret nur milde Symptome, andere Patienten sind umfassend durch Epistaxis beeinträchtigt, können die Aktivitäten ihres täglichen Lebens nicht bewältigen oder leiden unter Schlafstörungen.  

Intensives Nasenbluten

Häufiges, teilweise langandauerndes und intensives Nasenbluten (Epistaxis) ist das führende Symptome der HHT, welches über 90% der diagnostizierten Patienten betrifft und oft mehrmals täglich auftritt. Auch hinsichtlich der Lebensqualität stellt die Epistaxis das bedeutendste Symptom der Erkrankung dar und kann bei starkem und langanhaltendem Charakter zu Anämien oder Eisenmangelanämien führen. Die Unvorhersehbarkeit von Epistaxis und die sofortige Einleitung von Gegenmaßnahmen führt oft zu sozialem Rückzug und einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität bei Betroffenen.  

Auslösend für wiederkehrendes Nasenbluten sind mukosale pathologische Erweiterungen der Blutgefäße, sogenannte Teleangiektasien, die schon durch geringste mechanische Reizungen, wie den Atemluftstrom, aufreißen können. Ursächlich für die Teleangiektasien und für die HHT im Allgemeinen sind Mutationen verschiedener Gene innerhalb des Transforming-Growth-Factor-beta (TGF-beta) - Signalwegs die zu einer fehlerhaften Ausbildung von Kapillaren zwischen Arterien und Venen führen. Die Ausprägung ist dabei von Patient zu Patient sehr heterogen. Mukosale und äußerlich sichtbare Teleangiektasien an Händen, Lippen oder Gesicht sind bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten anzutreffen. Bilden sich viszerale und umfassende Blutgefäßveränderung heraus, so spricht man von ateriovenösen Malformationen (AVMs). Diese oft okkulten Malformationen lassen sich bei über 30% der HHT-Betroffenen finden und stellen ein weiteres bedeutsames Risiko für die Gesundheit und auch das Leben der Patienten dar. Primär in Lunge (15-50%), Leber (30-50%) und dem Magen-Darm-System (20-80%) lokalisiert, führen AVMs bei einem Teil der Patienten zu schwerwiegenden Komplikationen wie einer verminderten Oxygenierung des Blutes oder einer Rechtsherzinsuffizienz, die bis zum Tod reichen können. Insbesondere gastrointestinale Blutungen, in Verbindung mit dem ohnehin bedeutsamen Blutverlust durch die Epistaxis und pulmonale Komplikationen durch AVMs, sind bedeutende Risiken für die Gesundheit der HHT-Patienten.

Diagnose mit genetischer Analyse

Die Diagnose der HHT erfolgt in der Regel auf Grundlage klinischer Merkmale und genetischer Analysen. Eine gesicherte Diagnose liegt vor, sofern 3 von 4 Curaçao-Kriterien (häufige und spontane Epistaxis; vorliegen (mehrerer) Teleangiektasien; nachweisbare AVMs; Heredität) positiv nachgewiesen werden können. Da sich eine typische HHT-Symptomatik oftmals erst während der Pubertät manifestiert, ist die frühzeitige und eindeutige Diagnose von Kindern erschwert. Schätzungen zufolge liegt die Prävalenz von HHT zwischen 1,25 und 2 Betroffenen je 10.000 Einwohnern.

Lediglich symptomatische Therapieansätze

Die Behandlung von HHT konzentriert sich darauf, die Symptome zu lindern und Komplikationen zu verhindern. Präventive Maßnahmen zur Behandlung der Epistaxis umfassen ständiges Feuchthalten der Nasenschleimhäute mittels Nasensalben / - ölen, Stillung und Vermeidung von Blutungen durch Tamponaden oder operative Maßnahmen (u.a. Lasertherapien, Septum-Dermoplastik) sowie als letzte Eskalationsstufe den vollständigen Nasenverschluss. Unterstützend kann eine medikamentöse Behandlung mittels Hormonpräparaten, Betablockern, Angiogenesehemmern oder Antifibrinolytika vorgenommen werden. Tranexamsäure ist das einzige für die Behandlung der HHT in Deutschland zugelassen Arzneimittel, das ebenso ausschließlich für die Behandlung der Epistaxis eingesetzt wird. Da ein kausaler Therapieansatz, der direkt am TGF-beta Signalweg ansetzt fehlt, sind verfügbare Therapien nur eingeschränkt wirksam und es kommt im Regelfall zu rezidivierenden Symptomen. Abhängig von Größe, Lage und Symptomatik werden AVMs mittels Lasertherapie, Embolisation, chirurgischer Resektion, oder medikamentös durch Angiogenesehemmer wie Thalidomid oder Bevacizumab behandelt.  

Es ist festzuhalten, dass sowohl die medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien zur Behandlung der Epistaxis als auch, die zur Behandlung der AVMs und der Begleiterkrankungen eingesetzten therapeutischen Optionen, lediglich symptomatische Ansätze darstellen. Derzeit sind keine Therapien verfügbar, die eine kurative, zielgerichtete Behandlung der HHT ermöglichen. Regelmäßige ärztliche Untersuchungen und eine sorgfältige Überwachung der Symptome spielen eine entscheidende Rolle im Leben der HHT-Patienten, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können.  

Die SKC-Beratungsgesellschaft mbH hat sich der Unterstützung des Marktzugangs innovativer Arzneimittel für Patienten mit bislang fehlenden oder unzureichenden Therapieoptionen verschrieben und beschäftigt sich dabei besonders intensiv mit seltenen Erkrankungen. Wir möchten somit anlässlich des Rare Disease Days am 29. Februar mit diesem Artikel einen Beitrag leisten, um seltene genetische Erkrankungen wie Morbus Osler bekannter zu machen. 

Quellen: 

  • Morbus Osler Selbsthilfe e.V. 
  • Seebauer CT et al., Diagnostik und Behandlung der hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie, Laryngo-Rhino-Otol 2020; 99: 682–693 
  • Curehht.org (abgerufen am 12.02.2024) 
  • Faughnan ME et al., Second International Guidelines for the Diagnosis and Management of Hereditary Hemorrhagic Telangiectasia. Ann Intern Med. 2020 Dec 15;173(12):989-1001 

Über den Autor

Ihr Ansprechpartner Dr. rer. nat. Dominik  Müller
Dr. rer. nat. Dominik Müller
M.Sc. Biomedizin
Fon: +49 511 64 68 14 – 0
Fax: +49 511 64 68 14 – 18

SKC-Podcast


"Der Profcast - Seltene Erkrankungen und ihre Therapien" Jetzt reinhören!

AMNOG Orphan Tracker


In unserem Orphan Tracker nehmen wir aktuelle AMNOG Verfahren für Orphan Drugs unter die Lupe.

Stakeholder Management


Erhalten Sie tiefe Einblick und ein umfassendes Verständnis Ihres Marktes und seiner Teilnehmer! Binden Sie die unterschiedlichen Interessengruppen frühzeitig mit ein und kommunizieren Sie Ihre Value Messages gewinnbringend!
nach oben