Das Krankengeld – eine wahre Belastung und der Ruf nach Reformen
Mi, 20.07.2016
Im Rahmen der Reformierung des deutschen Gesundheitswesens sollte die Wirtschaftlichkeit und der Wettbewerbsgeist gefördert werden. Ziel war es, Versicherer mit einer höheren Belastung durch schwer erkrankte Mitglieder mittels morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) zu schützen und wettbewerbsfähig zu machen. Anhand der Versichertenstruktur werden den Krankenversicherungen anteilig Gelder aus dem Gesundheitsfond zugewiesen. Laut einem Artikel der Ärzte Zeitung stelle sich diese theoretische Überlegung in der Praxis nun als durchaus problematisch dar. Zentrales Problem sei die Belastung der Krankenkassen durch das sogenannte Krankengeld, welches sich nicht mit dem Theorem des Morbi-RSA in Einklang bringen lasse. Autor Anno Fricke zeigt auf, dass ein Großteil des Krankengelds durch Rückenschmerzen und psychische Erkrankungen bedingt sei. Beides Erkrankungen, die durch den Morbi-RSA nicht erfasst würden, da dieser seinen Fokus vor allem auf chronische Erkrankungen richte. Nicht nur eine Dysbalance der Belastungen der einzelnen Krankenkassen, sondern auch der Anstieg der Kosten für Lohnersatzleistungen von fünf auf elf Milliarden Euro in den letzten neun Jahren führten nun zu einem ernüchternden Kassensturz bei vielen Versicherern.
Aktuell würden einige Kassen nur 80% ihrer Kosten erstattet bekommen, wohingegen andere Versicherer mit fast 200% Deckung deutlich zu hoch entlohnt würden, so Fricke. Aus diesem Grund plädieren nun eine Gutachterkommission des IGES-Instituts in Berlin und viele andere Gesundheitsökonomen für eine Reformierung der Deckungsquoten, um so der Belastung der einzelnen Kassen gerecht zu werden, ohne jedoch den Wettbewerbsanreiz zu ersticken. Wie genau eine neue Ausgestaltung des Morbi-RSA aussehen mag und welchen Kriterien es zu folgen hat, ist momentan Bestandteil aktiver Bemühungen von Expertengruppen, die bereits erste Fortschritte in puncto Zielgenauigkeit von Zuweisungen verkünden konnten.