Power to the people – Welche Chancen bringt die digitale Patientenakte
Fr, 07.10.2016
Unsere skandinavischen Nachbarn aus Schweden haben sie bereits seit fünf Jahren, die Eidgenossen werden in Kürze national vernetzt sein, nur in Deutschland steckt sie noch in den Kinderschuhen – die digitale Patientenakte. Unter dem Titel „Wem gehören meine Gesundheitsdaten? – Lösungswege zwischen paternalistischer und partizipativer Datennutzung“ luden die Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen und der Elsevier Verlag zur zweitätigen Konferenz nach Berlin ein. Zentrales Thema waren Gewinn und Nutzen durch die Einführung der digitalen Patientenakte. Die Experten sind sich einig, dass durch die Digitalisierung von Patientendaten und die damit verbundene Mobilität der Daten ein Informationsgewinn für den Patienten entstehen wird. Aktuell liegen die Behandlungsdaten einzig in den Händen der Ärzte und Krankenhäuser und sind für den Patienten nicht oder nur schwer erfassbar. Senior Expert der Bertelsmann Stiftung Dr. Stefan Etgeton sieht in der digitalen Patientenakte eine Stärkung der gemeinschaftlichen konsensbasierten Behandlung. Auch einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung nach ist die Hälfte der Befragten der Meinung, dass sich durch den Einsatz der digitalen Patientenakte eine Optimierung der Versorgung erreichen lassen könne. Den größten Nutzen sehen die Befragten in der Verbesserung der zwischenärztlichen Kommunikation, vor allem in Bezug auf die verordnete Medikation und die durchgeführte Diagnostik und Therapie.
Nicht nur der individuelle Nutzen der digitalen Patientenakte ist beträchtlich, auch ein gesamtgesellschaftlicher Nutzen würde aus ihr erwachsen. Durch die nationale Vernetzung und Erhebung von Versorgungsdaten wäre man in der Lage, Informationen über Prävalenzen, die Effizienz von Versorgungsstrukturen und den Nutzen von Therapien zu generieren. Allerdings setzt aktuell der deutsche Datenschutz an dieser Stelle Grenzen und bedarf sicherlich einer Reformierung. Das schwedische Modell stellt ohne Frage eine gute Orientierungshilfe in diesem Punkt dar.
Etgeton betont, dass Patienten zunehmend gewillt sind, ihre Daten zu teilen, wenn für sie ein großer Nutzen daraus ersichtlich wird. Für ihn scheint die Vorstellung einer „Patiententreuhand-Genossenschaft“, in welcher die Patienten selbst die Verteilung und die Nutzung ihrer Daten zentral verwalten, nicht abwegig.
Nicht zu bestreiten ist, dass die Einführung der digitalen Patientenakte im Zuge der Digitalisierung des Gesundheitswesens unumgänglich ist. In welcher Form und in welchem Umfang sie im deutschen Gesundheitssystem genutzt werden wird, ist die zentrale Frage, die es zu klären gilt.