IQWiG veröffentlicht erstmalig Bericht zur Potenzialbewertung
Das IQWiG hinterfragt im Kontext der nun veröffentlichten Potenzialeinschätzung die bestehende Vertraulichkeitsregelung bei Erprobungsanträgen. Anträge auf Erprobung unterliegen bis zur Initiierung eines Beratungs- und Stellungnahmeverfahrens durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) strengen Vertraulichkeitsregularien und dürfen selbst innerhalb der bewertenden Institutionen nur einem engen Kreis an Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Für Institutsleiter Prof. Dr. med. Jürgen Windeler ist diese Praxis nicht nur eine Verletzung des Transparenzgebots, sondern auch ein hinterfragungswürdiges Vorgehen aus Gesichtspunkten der Patientensicherheit, da selbst bei Methoden, denen ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis bescheinigt wird, keine Veröffentlichung der Ergebnisse vorgesehen ist. Grundsätzlich sei somit sowohl für Patienten und Wissenschaft als auch für die Industrie grundsätzlich unklar, welche Methoden aus welchen Gründen negative Potenzialentscheidungen erhalten.
Die nun frei zugänglichen Berichte zeigen auf eindrückliche Weise, dass die Erlangung einer positiven Potenzialeinschätzung, trotz der im Vergleich zu anderen Bewertungsverfahren niedrigeren Evidenzanforderungen, keineswegs trivial ist. So wurde der MRT-gesteuerten hochfokussierten Ultraschalltherapie bei Uterusmyomen in einem ersten Bewertungsverfahren im Jahr 2014 auf Basis von zwei durch die Hersteller eingereichten Anträgen kein Potenzial bescheinigt. Dabei war für das IQWiG zunächst nicht hinreichend erwiesen, dass die zu bewertende Methode einen patientenrelevanten Vorteil aufweist. Diese Einschätzung ist umso bemerkenswerter, da das Verfahren im Vergleich zum Therapiestandard eine geringere Invasivität sowie ein günstigeres Nebenwirkungsprofil postuliert. Erst nach Einleitung eines Widerspruchsverfahrens sowie durch nachgereichte Unterlagen wurde in einer erneuten Bewertung ein Potenzial festgestellt. Der Beschluss der Erprobungsrichtlinie durch den G-BA erfolgte nun fast drei Jahre nach erstmaliger Antragsstellung.
Für Medizintechnikhersteller zeigt der Fall, dass selbst ein vermeintlich eindeutiger Vorteil wie eine geringere Invasivität einer lückenlosen und stringenten Argumentation der bestmöglichen verfügbaren Evidenz bedarf, um der Potenzialbewertung standzuhalten. Neben einem vollständigen Antrag sowie einer sauber durchgeführten Suche in Studienregistern ist dabei insbesondere auf einen eindeutigen Nutzen- und Wirksamkeitsnachweis, eine klare Einordnung in die bestehende Versorgungsrealität sowie eine stringente Beschreibung des Wertversprechens zu achten.
Die Tragweite der sich daraus ergebenden Implikationen ist dabei nicht nur im Kontext des Verfahrens nach §137e SGB V, sondern auch vor dem Hintergrund der neuen Methodenbewertung von Medizinprodukten hoher Risikoklasse (MPhR) gemäß §137h SGB V zu analysieren, welche ebenfalls eine Potenzialbewertung vorsieht. Eine Unterschätzung des Bewertungsverfahrens kann hierbei in letzter Konsequenz einen Ausschluss aus der stationären Erstattung bedeuten. (MF)
Hintergrundinformationen zur IQWiG Bewertung können hier , die Beschlussfassung des Gemeinsamen Bundesausschusses hier erreicht werden.