Erste Gentherapie in den USA “Kymriah” von der FDA zugelassen

Di, 05.09.2017
Was bisher als Kuriosum grün leuchtender Mäuse und Katzen angewendet wurde, darf nun im Menschen Krankheiten heilen: Gentherapie, die langfristige genetische Veränderung von Körperzellen.

Am 30.08.2017 hat die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA die erste Krebstherapie Kymriah (tisagenlecleucel) von Novartis, die auf dem CAR-T-Verfahren beruht, zugelassen.

Kymriah wird angewendet bei schwer erkrankten Patienten mit einer seltenen Form der akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL), einem bestimmten Blutkrebs. Es ist das erste zugelassene Verfahren in den USA, in dem körpereigene Zellen gentherapeutisch manipuliert werden: im CAR-T-Verfahren werden T-Immunzellen dem Blut entnommen und ein Gen eingefügt das die T-Zellen darauf programmiert, zurück im Körper Krebszellen gezielt anzugreifen und zu eliminieren. Daraus ergeben sich allerdings auch schwere Nebenwirkungen: Die hochaktivierten T-Zellen verursachen eine starke, schwer zu kontrollierende Immunreaktion. Auch müssen dem Körper Antikörper zugeführt werden, da die Antikörper-produzierenden, krebsartig entarteten B-Zellen in der Therapie abgetötet werden. Und nicht jeder Patient profitiert tatsächlich von der Therapie, in etwa der Hälfte der behandelten Patienten schlug sie nicht an. Trotz dieser Umstände sehen viele Mediziner die Therapie als essentielle und potenziell lebensrettende Maßnahme für jugendliche Patienten, die auf bestehende Therapien nicht ansprechen.

Das CAR-T-Verfahren muss sich als Gentherapie vielen Vorbehalten stellen, die gegen Gentherapien allgemein herrschen: Die Art und Weise der genetischen Veränderung von Körperzellen birgt immer ein Restrisiko für Entartung; Langzeitwirkungen sind momentan extrem schwer abzuschätzen. Daneben sind die Effekte sehr patientenindividuell, da jeder Mensch genetisch unterschiedlich ist. Nicht zuletzt wird Gentherapie aus ethischen Aspekten kontrovers diskutiert, bietet sie doch an Science-Fiction erinnernde Möglichkeiten, Menschen schon im Mutterleib zu manipulieren. Auf der anderen Seite birgt die Gentherapie bislang ungeahnte Möglichkeiten, Krebs oder auch angeborene Gendefekte dauerhaft zu behandeln. Die Zulassung für Kymriah bereitet daher den Weg für eine neue Generation von Therapeutika.

Novartis macht das Rennen um den ersten Platz in den USA knapp vor Kite Pharma (inzwischen von Gilead Sciences aufgekauft), die mit Aci-Cel in einem zweiten CAR-T-Zulassungsverfahren für das Non-Hodgkin-Lymphom stehen. Auch im puncto Erstattung wird Novartis demnach neue Maßstäbe setzen mit $475,000 pro Anwendung allein für die Bereitstellung der Medikation, zuzüglich der Behandlungskosten im Krankenhaus. Patientenvertreter opponieren bereits gegen diesen Preis für Kymriah mit dem Argument, dass ein großer Teil der Grundlagenforschung in staatlich geförderten Institutionen stattfand. Die endgültige Preisgestaltung als Folge der Preisverhandlungen wird mit Spannung erwartet, da sie eine wegweisende Funktion für die zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Gentherapie einnehmen wird.

Mehr zur weltweit ersten zugelassenen Gentherapie finden Sie in den folgenden Quellen:

http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/krebs-therapie-erste-gentherapie-gegen-krebs-steht-kurz-vor-der-zulassung-1.3629362

http://www.fiercepharma.com/pharma/novartis-crosses-fda-finish-line-monumental-car-t-approval?utm_medium=nl&utm_source=internal&mrkid=54511408&mkt_tok=eyJpIjoiTlRFeFlqWmtNRFkxTWpVNCIsInQiOiJHQ2tUTFZ4Y3BsR21Qc0NnVkhydXNyakhhZjVaamFXR0NjSU5xTnJaQkxsUTlmMHMrSVhyK3FnT0hucjY2Mmd2ZExGeTZtZXltaTU3YXB4elZUdDBleG9tUmxlc2o0MzlkOTc1SEVTSFhxdFNyYmZENXQ4WEprcGNHdlArUks0NCJ9
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