Innovationsreport 2017 und die Gegenreaktionen der pharmazeutischen Industrie
Kurz nach der Pressekonferenz bezog der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) deutlich Stellung zu den adressierten Themen und Kritikpunkten des Innovationsreports 2017: Die Innovationen der letzten Jahre sind in Hinblick auf die erzielten therapeutischen Fortschritte bspw. im Bereich der Onkologie nicht wegzudiskutieren, womit auch die in einem angemessenen Rahmen zu sehenden Arzneimittelkosten gerechtfertigt werden können. Eine höhere Lebensqualität und steigende Überlebensraten sind dabei nur ein Teil des sichtbaren Erfolgs. Vielmehr werden die Innovationen von den Krankenkassen systematisch kleingeredet, zudem das genutzte Ampelsystem nicht für eine adäquate Bewertung geeignet sei. Dies führt dazu, dass Medikamente, die im Versorgungsalltag als auch in Leitlinienempfehlungen von hoher Relevanz sind, in dem Report mitunter mit roten Ampeln gekennzeichnet werden. Auch die Darstellung des Reports, dass der Orphan Drug Status für einen Teil der Medikamente nur durch die Aufteilung von Krankheiten entsteht und es durch die konditionalen Zulassungen zu einer Unterschätzung möglicher Risiken kommt, lässt sich laut vfa in keiner Weise bestätigen. Vielmehr ist es notwendig, insbesondere für seltene Erkrankungen weiterhin Arzneimittel zu entwickeln, da es kaum oder gar keine Therapiealternativen für die Patienten gibt. Die Sicherheit und der Zusatznutzen wird dabei schon während der Zulassung durch die EMA geprüft.
Im Gegenzug wird von der pharmazeutischen Industrie mit dem „AMNOG-Check 2017“, einem Gutachten des Bundesverbands der pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI), auf andere Schwachstellen des AMNOG hingewiesen. So ist bspw. jedes dritte innovative Medikament, das seit 2011 den AMNOG Prozess durchlaufen musste, nicht mehr in Deutschland verfügbar. Knapp 30 Produkte wurden nach oder bereits während des AMNOG Prozesses vom Markt genommen. Wenn man sowohl die von der EMA zugelassenen, aber nicht in Deutschland eingeführten Medikamente als auch die wieder vom Markt genommenen Arzneimittel zusammennimmt, stehen den Patienten, laut BPI, nur rund 70% der in Europa zwischen 2011 und 2015 zugelassenen Arzneimittel zur Verfügung. Dabei sind zum Teil genau diese Medikamente in anderen europäischen Ländern verfügbar. Dies ist unter anderem durch eine zuweilen stark auseinandergehende Beurteilung der Arzneimittel zu begründen. Bei der Bewertung durch den G-BA zeigt sich, dass die Grundlage für einen nicht attestierten Zusatznutzen dabei zum Teil auf rein formale Gründe zurückzuführen ist. Auch das Arzneimittel trotz attestiertem Zusatznutzen erst spät beim Patienten ankommen, ist laut BPI dem AMNOG Verfahren geschuldet.
Schlussendlich bleibt der größte Streitpunkt der beiden Parteien, in welcher Weise über die zukünftige Kostenentwicklung für Arzneimittel gesprochen werden sollte. Während die TK eher für einen weiteren Sparkurs plädiert, hält der BPI dagegen, dass solch ein Kostendruck sich nachteilig auswirkt und zudem die Ausgaben der GKV für Arzneimittel im ambulanten Bereich bereits seit Jahrzehnten konstant einen Anteil von nicht einmal 10% ausmachen. Ein baldiger Konsens zwischen den unterschiedlichen Lagern scheint daher auch zu Zeiten des AMNOGs fraglich.
Weitere Informationen in der Debatte um den Innovationsreport 2017 finden Sie unter:
https://www.tk.de/tk/arzneimittel/innovationsreport/innovationsreport-2017/956496
https://www.tk.de/tk/pressemitteilungen/bundesweite-pressemitteilungen/960350
https://www.vfa.de/de/presse/pressemitteilungen/pm-018-2017-report-der-techniker-krankenkasse-missachtet-medizinischen-fortschritt.html
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/politik/bpi-amnog-schadet-patienten-fruehe-nutzenberwertung/
https://www.pharma-fakten.de/news/details/524-sechs-jahre-nutzenbewertung-immer-groessere-versorgungsluecken-bei-neuen-arzneimitteln/