Britische Regierung auf dem Holzweg? – Drogen- und Medikamenten-Richtlinien säen Unfrieden in Fachkreisen
Der erste Artikel, verfasst von dem Gründer der Global Drug Survey, Adam R. Winstock, dem Executive Director von Release, einer britischen Agentur, die Rechtsberatung für Menschen bietet, die wegen des Besitzes von Drogen verurteilt wurden, Niamh Eastwood, sowie einem Professor für strafrechtliche Gerechtigkeit an der University of Kent, Alex Stevens, bezieht sich auf eine neue Drogenstrategie für das Vereinigte Königreich, die im Juli 2017 von dessen Regierung veröffentlicht wurde. Die Strategie zielt auf die Prävention von Drogenmissbrauch und Abhängigkeit ab, und beinhaltet die Schlussfolgerung, dass die Maßnahmen „Verbrechen reduzieren, Lebensstiländerungen verbessern, bessere Gesundheit vorantreiben und die vulnerablen Gruppen schützen werden“. Die Strategie kommt zum richtigen Zeitpunkt, da Todesfälle im Zusammenhang mit Drogen im Vereinigten Königreich eine häufiger vorkommende Todesursache darstellen als Verkehrsunfälle und sogar unter der bisherigen Drogenstrategie aus dem Jahre 2010 zugenommen haben. Aber die Drogenstrategie von 2017 musste sich schärfster Kritik durch die drei Autoren des Artikels aussetzen.
Ihrer Meinung nach zeugt diese davon, dass ehrliche und offene Gespräche zwischen der Regierung und Betroffenen abgelehnt werden. Der Strategie "mangelt es an Ehrlichkeit, Kohärenz und realistischer finanzieller Unterstützung. Sie beruht auf falschen Behauptungen und ist voll von leeren Versprechungen. Infolgedessen steigt die Anzahl der Todesfälle durch Drogen, die verhindert werden könnte“, so ihr vernichtendes Urteil über die Regierungstrategie. Beispielsweise gibt die Strategie an, die Substitution von Opioiden zu unterstützen, obwohl die Finanzierung für die Substitution gekürzt worden sei. Weiterhin werde die Reduktion von gesundheitlichen Schäden nicht im Kontext von illegalen Drogen erwähnt, allerdings sei das Ziel ein konsequentes Verbot. Die drei Experten schließen, dass es am wichtigsten für eine gute Drogenstrategie sei, die Gesundheit und das Wohlergehen der Bevölkerung zu verbessern, wohingegen eine "Gesellschaft frei von Drogen" unrealistisch sei und nicht das Ziel einer derartigen Strategie sein könne.
Aber woher könnten Mittel zur Drogenprävention kommen, wenn der englische NHS bereits bei seinem Budget für verschreibbare Medikamente einsparen muss? Der zweite Artikel von Azeem Majeed, Professor für Primary Care am Imperial College London, bezieht sich auf einen Plan des NHS die Anstrengungen der sogenannten klinischen Kommissionsgruppen (CCGs), die Verringerung von Verschwendung und der Verschreibung ineffizienter Medikamente, zu konzertieren. Die CCGs konzentrieren sich bereits auf die Beschränkung der Finanzierung von Arzneimitteln mit begrenztem klinischen Nutzen und OTC-Produkten. Majeed sieht mehrere Fallstricke bei der Umsetzung einer nationalen Evaluation.
Die regionalen Verordnungen durch die CCGs könnten zu regionalen Qualitätsunterschieden in der Gesundheitsversorgung führen. Ein nationaler Ansatz könnte dabei helfen, die Verschreibungen zu standardisieren. Aber die Maßnahmen der CCGs, regionale Regelungen zu treffen, wurden bis jetzt nicht durch den NHS England gestoppt. Darüber hinaus seien notwendige Gesetzesänderungen um die richtige Rechtsgrundlage für die Beschränkung der Rezepte zu setzen bis jetzt nicht durchgeführt.
Majeed identifiziert OTC-Medikamente und spezielle Diät-Nahrungsmittel als die kontroversesten Produkte. Bestimmte Patienten seien nicht in der Lage, für diese zu zahlen, was soziale Gesundheitsunterschiede verschärfe. Daher kommt er zu dem Schluss, dass die Regierung sensibel auf das Problem reagieren muss, dass die finanziellen Veränderungen, die im NHS erforderlich sind, durch eine größere finanzielle Belastung für die Patienten begleitet werden.
Die Augen sind auf die britische Regierung und den NHS gerichtet und es wird sich zeigen, wie diese Parteien mit den begrenzten finanziellen Ressourcen umgehen und wie Regulationen und Richtlinien für Medikamente angepasst werden müssen, um eine qualitative Versorgung und Prävention zu sichern. Momentan scheinen die erdachten Lösungen nicht zufriedenstellend.
Weitere Details lesen Sie in den Artikeln:
http://www.bmj.com/content/358/bmj.j3643
http://www.bmj.com/content/358/bmj.j3679;
Link zu der UK Drogenstrategie:
https://www.gov.uk/government/publications/drug-strategy-2017