Individualisierte Krebstherapie – Neues Modell für das Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren

Fr, 22.12.2017
In allen Feldern der Medizin geht der Trend in Richtung individualisierte Therapie. Jüngst wurde ein neues mathematisches Modell für das Ansprechen von Patienten auf die Krebs-Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren in der Fachzeitschrift Nature publiziert. Das Verfolgen solcher Ansätze bietet Vorteile für die Patientensicherheit und das Gesundheitssystem.

Neuartige Immuntherapien für Krebserkrankungen haben die Prognose vieler Patienten enorm verbessert. So auch die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren bei Malignem Melanom und Bronchialkarzinom. Dennoch beinhalten diese Therapien bei einer Reihe von Patienten starke unerwünschte Wirkungen und nicht den erwarteten Therapieerfolg. Für diese Patienten bedeutet dies eine Therapie, die ihnen womöglich mehr schadet, als hilft und für das Gesundheitssystem ob der enormen Kosten solcher Therapien hohe Ausgaben ohne den nötigen Benefit.

Die beiden Patientengruppen vor der Therapie unterscheiden zu können – die, die auf die Therapie gut ansprechen und von ihr profitieren, sowie die, die nicht von der Therapie profitieren und/oder starke unerwünschte Wirkungen entwickeln – hätte zur Folge, dass nur Patienten die Therapie erhalten, bei denen ein Zusatznutzen der Therapie besteht. Um diese Differenzierung möglich zu machen, haben Forscher der Icahn School of Medicine, Mount Sinai, USA ein mathematisches Modell entwickelt, welches sie kürzlich in der Nature publiziert haben. Sie beschreiben die Wichtigkeit sogenannter Neoantigene, tumorspezifischer Merkmale, die durch das Immunsystem erkannt werden, für den Therapieerfolg von Checkpoint-Inhibitoren im Allgemeinen. Je mehr Neoantigene ein Tumor aufweist, desto höher ist das Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren. Dieses Wissen alleine hilft allerdings noch nicht, Patienten zu identifizieren, die von einer Therapie auch profitieren können. Die Forschergruppe von Benjamin D. Greenbaum modelliert eine mathematische Abhängigkeit des Therapieerfolgs von einem Produkt aus zwei spezifischen Parametern der Immunantwort. Bei diesen handelt es sich um eine Amplitude der Antigenpräsentation durch wt-MHC-I, einem Proteinkomplex, der Antigene prozessiert und gegenüber Immunzellen präsentiert, die daraufhin die Zielzellen abtötet können, und der intrinsischen Wahrscheinlichkeit der Erkennung durch T-Zell-Rezeptoren durch die Immunzellen die richtigen Zielzellen identifizieren. Ihr Modell wenden die Forscher auf verschiedene Patientenkohorten mit Malignem Melanom und Bronchialkarzinom an und beweisen so dessen Einsatzfähigkeit.

Die Identifikation der richtigen Patientenpopulation für neuartige Therapien hat nicht nur eine Relevanz für bereits zugelassene Therapien und die klinische Praxis. Sie ist auch elementar für die Entwicklung neuer Therapien, nicht nur in der Krebsmedizin. So besteht für Arzneimittelkonzerne der klare Nutzen darin, dass Therapien, die die richtigen Patienten adressieren, für diese einen höheren Zusatznutzen bieten als für ein allgemeiner gewähltes Patientenkollektiv und somit auch eine bessere Verhandlungsposition in den Preisverhandlungen für die Erstattung neuer Medikamente bieten. Für die Patienten und das Gesundheitssystem ist die Entwicklung hin zu spezialisierten und individualisierten Therapien somit mit klaren Vorteilen verbunden.

VON Univ.-Prof. Dr. med. Matthias P. Schönermark, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter, SKC Beratungsgesellschaft mbH

Weitere Details lesen Sie hier und in der Original-Publikation der Nature:
FierceBiotech - Improving cancer immunotherapy by harnessing new technology
Nature - A neoantigen fitness model predicts tumour response to checkpoint blockade immunotherapy
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