Zulassung ist nicht die einzige Hürde – wie die Virusproduktion Gentherapie-Hersteller vor ernsthafte Probleme stellt

Di, 23.01.2018

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Gentherapie liegt im Trend; perspektivisch könnten damit in Zukunft in beliebigen Organen defekte Gene ersetzt und unheilbare Krankheiten geheilt werden. Aus diesem Grund werden Gentherapien gezielt von Zulassungsbehörden wie der FDA gefördert. Trotzdem wird die Entwicklung neuer Gentherapien durch einen Faktor empfindlich gestört: die zügige und sichere Herstellung ausreichender Mengen an Viruspartikeln, die als Genfähren kranke Zellen mit dem richtigen Gen versorgen sollen.

Für diese Aufgabe werden meist adenovirale oder lentivirale Partikel genutzt, die solcherart gezielt verstümmelt werden, sodass sie nicht mehr in der Lage sind, Infektionen auszulösen. Für jede Gentherapie müssen die Viruspartikel spezifisch angepasst werden. Dies erfolgt unter sehr hohen Sicherheits- und Qualitätsstandards, die nur in wenigen spezialisierten Produktionsstätten gewährleistet werden können, wodurch ein Engpass entsteht. Diese Produktionsstätten werden derzeit überflutet mit Anfragen kleiner und großer Forschungseinrichtungen und Pharmaunternehmen. Die „Plätze“ in der Schlange werden schon Jahre im Voraus gebucht und sind aufgrund der Exklusivität mit erheblichen Kosten verbunden. Die Kapazitäten sind, unter anderem bedingt durch die zeitaufwändigen Optimierungprozesse innerhalb der Produktion, extrem knapp bemessen. Ein sicherer Produktionsplatz ist inzwischen oftmals Voraussetzung für finanzielle Förderung neuer Therapieansätze. Fehlt die Garantie einer gewährleisteten Partikelherstellung, so reduzieren sich die Chancen, Geldgeber zur Investition zu bewegen.

Nur wenige Unternehmen können sich den Aufbau einer eigenen Manufaktur-Abteilung leisten, und selbst wenn, ist der Erfolg keineswegs sicher. Die Bedingungen zur Herstellung müssen für jedes neue Partikel neu definiert werden, und schon kleinste Abweichungen vom Optimum können den Erfolg verhindern.

Um überhaupt eine Zulassung zu erlangen, müssen viele Patienten zuvor in klinischen Studien mit den Viruspartikeln therapiert werden. Dazu kommen die nach der Zulassung regulär behandelten Patienten. Oftmals wird dieser Aufwand für Patienten mit extrem seltenen genetischen Erkrankungen betrieben. Dies führt eine direkte Steigerung der Therapiekosten pro Patient mit sich, da die Entwicklungs- und Herstellungskosten ungünstig verteilt sind. Zusätzlich kann die Therapie von Erkrankungen, in denen spezifische Organe mit großer Oberfläche, wie die Leber, im Fokus der Behandlung stehen, die erforderliche Menge an benötigten Viruspartikeln pro Patient dramatisch in die Höhe treiben.

Bislang ist noch keine Besserung dieses Missstandes in Sicht. Mit einer Lockerung der strengen Herstellungsauflagen ist nicht zu rechnen, denn nach wie vor geht die Sicherheit der Anwendung vor. Dem kann die FDA selbst mit der Förderung von Zulassungen neuer Gentherapien nur begrenzt abhelfen, da sie gleichzeitig die Sicherheit der Therapie und des Herstellungsprozesses überprüfen muss.

VON Univ.-Prof. Dr. med. Matthias P. Schönermark, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter, SKC Beratungsgesellschaft mbH

Quellen:
The New York Times: Gene Therapy Hits a Peculiar Roadblock: A Virus Shortage
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