Vorschlag der EU-Kommision zur europaweiten Nutzenbewertung – Wird HTA bald zentralisiert?

Mi, 14.02.2018

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Die EU-Kommission hat in ihrer Pressemitteilung vom 31. Januar 2018 mitgeteilt, dass sie die europaweite Kooperation bei der Bewertung von Gesundheitstechnologien verstärken möchte. Dieser Vorstoß wird von Seiten der deutschen Behörden jedoch äußerst kritisch betrachtet.

Unter Health Technology Assessment (HTA) versteht man die Bewertung des (Zusatz-)Nutzens für neue Medikamente und medizinische Geräte. Bisher obliegt dies in der EU den einzelnen Mitgliedsstaaten, wobei eine freiwillige Zusammenarbeit der einzelnen Länder durch die EU gefördert wird. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht nun vor, die klinische Bewertung von neuen Medikamenten und risikoreichen medizinischen Geräten europaweit zu zentralisieren. Alle anderen Bereiche des HTA, wie wirtschaftliche, soziale oder ethische Aspekte, sollen weiterhin einer freiwilligen Zusammenarbeit unterliegen.

Durch die Umsetzung ihres Vorschlages erwartet die EU einen schnelleren Marktzugang für innovative Produkte und eine höhere Transparenz für Patienten und pharmazeutische Unternehmen, da die Bearbeitung des gleichen Sachverhaltes durch die verschiedenen nationalen Gesundheitsbehörden entfallen würde.

Die Vertreter der deutschen Pharmaindustrie begrüßen den Gesetzesvorschlag der EU-Kommission. Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) hebt die Potentiale einer engen Verzahnung von Zulassungsbehörden und Nutzenbewertungsinstanzen hervor. Auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) lobt die Idee. Allerdings bemerkt Dr. Martin Weiser, Hauptgeschäftsführer des BAH, dass es wichtig ist, „dass Erstattung und Preisgestaltung von Arzneimitteln weiterhin in nationaler Kompetenz bleiben, um lokale Versorgungsrealitäten zu berücksichtigen.“

Demgegenüber befürchtet der GKV-Spitzenverband eine Absenkung der hohen Standards, die in Deutschland durch das Verfahren der Nutzenbewertung von Arzneimitteln (nach AMNOG) bestehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht in dem Vorschlag sogar einen Regelungsverstoß der EU-Kommission, da die EU keine Regelungszuständigkeiten für die Sozialversicherungen der EU hat. „Die Kompetenz zur Regelung des Binnenmarktes ist keine tragfähige Grundlage für eine so weitreichende und elementare Regelung, die unmittelbare und tiefgreifende Auswirkungen auf den Ressourceneinsatz in den nationalen Gesundheitssystemen hätte und diese damit zentralistisch steuern könnte.“ so Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA.

Der Vorschlag wird nun weiter im EU-Parlament und Ministerrat diskutiert werden. Es bleibt also weiterhin spannend. Denn selbst wenn der Vorschlag umgesetzt werden sollte, sind zentrale Elemente noch völlig unklar: Bedeutet etwa eine positive Bewertung auf europäischer Ebene einen verpflichtenden Marktzugang in ganz Europa? Und würde vice versa eine negative Bewertung den Marktzugang auf gesamteuropäischer Ebene verhindern?

Mit der SKC Beratungsgesellschaft mbH, die als strategisches Consultingunternehmen im Gesundheitswesen bereits zahlreiche Bewertungsverfahren in Deutschland begleitet hat, bleiben Sie bei allen weiteren Entwicklungen auf dem neusten Stand.

VON Univ.-Prof. Dr. med. Matthias P. Schönermark, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der SKC Beratungsgesellschaft mbH und Karolin Priese, SKC Beratungsgesellschaft mbH

Quellen:
European Commission: Assessing health technology in the EU: Commission proposes to reinforce cooperation amongst Member States
G-BA: Vorhaben der EU-Kommission zur Zentralisierung der Arzneimittelbewertungen zerstört funktionierende Verfahren der Mitgliedstaaten
GKV-Spitzenverband: EU will Bewertung von Arzneimitteln an sich ziehen
BAH: BAH begrüßt einheitliches Vorgehen bei der klinischen Bewertung von Arzneimitteln
vfa: Europa sorgt für frischen Wind in der Nutzenbewertungsdiskussion
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