Finanzielle Ungleichheiten bei Gesetzlichen Krankenversicherungen - Kassenexperten warnen vor Unwuchten im Kassensystem
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Dipl.-Kauffrau Heike Kielhorn-Schönermark
Gründerin und Geschäftsführerin
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Fax: +49 511 64 68 14 – 18
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Hintergrund: Die Rechnungslegung der Gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland wird jährlich im Bundesanzeiger veröffentlicht. Neben den typischen Ausgaben für Versicherungsleistungen sind gem. §261 Abs. 2 SGB V zusätzlich „Rücklagen von mindestens einem Viertel der monatlichen Ausgaben“, zu bilden, maximal jedoch das „Einfache des Betrages der auf den Monat entfallenden Ausgaben“. Kann diese gesetzlich geforderte Mindestrücklage nicht erfüllt werden, dürfen nach §260 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Betriebsmittel „zur Auffüllung der Rücklage“ verwendet werden. Auf bilanzieller Gegenseite decken im Idealfall die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds diese beiden Ausgabentypen ab. Reichen die Zuweisung jedoch nicht aus, besteht für Krankenkassen die Möglichkeit einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag zu erheben (gem. §242). Das Bundesversicherungsamt (BVA) überprüft jährlich die Einhaltung dieser gesetzlichen Anforderungen durch Analyse der jeweiligen Geschäftsberichte des vergangenen Jahres und fordert Kassen bei Bedarf auf, den Zusatzbeitrag für das darauffolgende Geschäftsjahr zu erhöhen.
Bezogen auf das Geschäftsjahr 2016 wurde dabei festgestellt, dass vier bundesunmittelbare Krankenkassen die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen konnten. Bei genauerer Untersuchung ließ sich erkennen, dass eine dieser vier Kassen die dem Verband der Ersatzkassen zugehörige DAK-Gesundheit war (Unterschreitung der Mindestanforderung um 117 Mio. EUR). Der Grund für eine solche Nichterfüllung war insbesondere in den höheren Ausgaben für Versicherungsleistungen im Verhältnis zu den geringer ausfallenden Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu sehen. Gleiches galt im Geschäftsjahr 2016 auch für die KKH, die ebenfalls dem Verband der Ersatzkassen (vdek) zuzuordnen ist und lediglich unter großen Anstrengungen – Verringerung der Betriebsmittel um 96% - die gesetzlichen Vorgaben erfüllen konnte. Auf der anderen Seite ließen sich jedoch auch Krankenkassen identifizieren, die die gesetzlich vorgeschriebene Höchstquote überschritten. Hierunter fielen insbesondere die AOK-System Kassen wie beispielsweise die AOK Plus (Überschreitung der Höchstquote für Rücklagen um 48 Mio. EUR) oder die AOK Sachsen-Anhalt (Rücklagenüberschuss i. H. v. 13 Mio. EUR). In beiden Fällen überstiegen dabei die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds jeweils die Ausgaben je Versicherungsleistung.
Sowohl die DAK als auch die KKH haben aufgrund dieser finanziellen Situation bereits an ersten strategischen Stellschrauben gedreht. Im Konsolidierungskurs der DAK Gesundheit (2016-2018) wurde neben der Erhöhung des Zusatzbeitrages Anfang 2016 und der Gründung von spezialisierten Fachzentren das Leistungsmanagements optimiert - mit Erfolg: Im Geschäftsjahr 2017 überstieg die Rücklage erstmalig wieder die verpflichtende Minimalhöhe. Auf Seiten der KKH wurden in Kooperation mit einer Strategieberatung erste Gegenmaßnahmen wie die Festlegung konkreter (finanzieller) Ziele für die zukünftigen Jahre festgelegt.
Aufgrund dieser finanziellen Ungleichheiten warnen Kassenexperten davor, dass angesichts der geltenden Haftungsregelungen innerhalb der Kassenarten eine Pleite der großen gesetzlichen Versicherer das Kassensystem in Unwucht bringen könnte. Mit der Beauftragung des wissenschaftlichen Beirats des BVA zum „Sondergutachten zu den Wirkungen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs“ (veröffentlicht am 27.11.2017), wurde zudem die Auswirkung des Gesundheitsfonds und damit einhergehend die Überprüfung des aktuellen Finanzierungssystems der Krankenkassen in die Wege geleitet.
Die SKC Beratungsgesellschaft besitzt langjährige, spezifische Expertise in der Beratung von Gesetzlichen Krankenversicherungen. Zum Leistungsportfolio gehört neben der Optimierung des Leistungskostenmanagements – ausgerichtet am morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich – auch die effizientere Ausgestaltung des Versorgungsmanagements vornehmlich entlang des Megathemas Digitalisierung. SKCs spezifische Herangehensweise und Problemlösungskompetenz können Sie detailliert den Fallbeispielen entnehmen.
VON Dipl.-Kauffrau Heike Kielhorn-Schönermark, Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin, SKC Beratungsgesellschaft mbH und Michèl Schikowski, M.Sc. Health Economics, SKC Beratungsgesellschaft mbH
Quellen:
Ärzteblatt: Krankenkassen - Schwierige Finanzlage
Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 17. August 2017
Ärzteblatt: Kassenchefs sehen "Scheinstabilität" bei Krankenkassen
Bundesversicherungsamt: Risikostrukturausgleich