Wenn das Blut unvollständig ist – Die akute intermittierende Porphyrie

Der Rare Disease Day 2021 steht bevor – wir, SKC, wollen unseren Teil dazu beitragen, mehr Aufmerksamkeit für diese Erkrankungen zu generieren. Dieses Mal zu Porphyrie.

Do, 25.02.2021
Im vierten Teil der Blogreihe anlässlich des Rare Disease Day 2021 werden wir Ihnen einen Fallbericht zur akuten intermittierenden Porphyrie vorstellen, einer weiteren sehr seltenen Stoffwechselerkrankung und somit einer Indikation für ein Orphan Drug.

Kim und ihr Mann wohnen in Otaki, einer kleinen Gegend rund eine Stunde entfernt von Wellington, der Hauptstadt Neuseelands. Kim kam 2003 ins Krankenhaus. Sie litt unter Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Erbrechen sowie schmerzenden Armen und Beinen. Ihr Blutdruck stieg gefährlich an, sie erlitt einen Mini-Schlaganfall und mehrere Krampfanfälle. Aufgrund dessen verbrachte sie einige Tage auf der Intensivstation, wo mehrere Tests durchgeführt wurden, bis sie die Diagnose akute intermittierende Porphyrie erhielt. Sowohl ihr Großvater als auch ihre Mutter hatten bereits früher ähnliche Symptome gezeigt (1).

Bei der akuten Porphyrie handelt es sich um eine angeborene, seltene Stoffwechselerkrankung, in Folge derer die körpereigene Herstellung des roten Blutfarbstoffes Häm, ein Bestandteil des Hämoglobins, aufgrund von Defekten in bestimmten Eiweißen gestört ist. Durch diese Defekte kann der Körper in gewissen Situationen kein Häm bilden und es treten akute Beschwerden auf. Das European Pophyria Network liefert ausführliche Erklärungen zu dieser Krankheit. Die häufigste Form dieser seltenen Krankheit stellt die akute intermittierende Porphyrie dar. Bei dieser Form treten neuro-viszerale Attacken auf, die über mehrere Tage andauern können. Diese äußern sich z. B. durch starke Bauschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, aber auch psychologische Symptome wie Depressionen oder auditive bzw. visuelle Halluzinationen und neurologische Manifestationen, welche sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem betreffen. Weitere Informationen hierzu stellt Orpha.net bereit (2).

Nach Kims erstem 13-wöchigen Krankenhausaufenthalt folgten weitere 29 in einem Zeitraum von drei Jahren. Durch eine Nervenschädigung, welche sie durch diese Krankheit erlitt, musste sie wieder lernen, ihre Beine und Hände zu benutzen. Ihre Krankenhausaufenthalte wurden zum Alptraum, da es für ihre Krankheit kein Behandlungsprogramm gab und sie meist verzögert oder falsch behandelt wurde. Sie wies nunmehr auch Nierenprobleme, Neuropathie, starken Gewichtsverlust sowie einen Verlust der Knochendichte auf. Die Therapie bestand bis dahin aus einer Glukosebehandlung, um Kim zu stabilisieren und ihre Komplikationen zu beseitigen.

Erst nach einer langen Recherche im Internet, gelangte Kim's Mann an Informationen für eine effektive Behandlung. Durch diese Behandlung war es ihrem Arzt möglich, sie bereits in einem frühen Stadium des Anfalls entsprechend zu behandeln und diesen zu stoppen, bevor er ernsthafte Schäden anrichtete. Kim hat nunmehr immer wieder Probleme mit Bauch-, Rücken oder Gliederschmerzen. Sie nimmt Medikamente gegen diese Schmerzen, ernährt sich besser und ließ alle Dinge in ihrem Körper entfernen, die einen weiteren Anfall auslösen könnten.

Mithilfe des Netzwerkes der American Porphyria Foundation haben sie und ihr Mann das Wissen erlangt, welches Kim zu einem weitestgehend normalen Leben verholfen hat. Ihr Sohn wurde ebenfalls auf diese Krankheit getestet und trägt dasselbe Gen, welches Kim und auch ihre Mutter tragen. Er ist 18 und zeigt bisher keine Komplikationen (1).

Diese und ähnliche Geschichten zeigen zum einen auf, wie schwer es ist, eine richtige Behandlung gegen seltene Erkrankungen wie die akute intermittierende Porphyrie zu finden. Zum anderen wird ersichtlich, wie beschränkt doch das Wissen sogar in den höchstentwickelten Gesundheitssystemen der Welt ist, wenn es zu seltenen Erkrankungen und deren Therapie kommt. Es zeigt sich hier wieder einmal eindrücklich, dass der Patient im Mittelpunkt der Therapiebemühungen stehen muss und eine Vernetzung von Experten im Gesundheitswesen unerlässlich ist. Aber auch hier ist der erste Schritt getan, denn es gibt Medikamente, welche diese Krankheit bzw. die Attacken dieser Krankheit bekämpfen können (3).

Weitere Informationen finden Sie hier:

(1) Wahre Geschichten von Patientinnen und Patienten sind auf der Seite der American Porphyria Foundation auffindbar.

(2) Die Selbsthilfegruppe Akute Porphyrie stellt Informationen über die Krankheit auf Deutsch zur Verfügung.

(3) Einblicke in die medikamentöse Therapie sind auf der Seite der pharmazeutischen Zeitung abzurufen

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