Das Alport Syndrom
Rare Disease Day 2022
Hervorgerufen wird diese chronische Entzündung durch eine Mutation an Genen, die für die Bildung von besonderen Typ-IV-Kollagen-haltigen Strukturen im Körper verantwortlich sind. Eine dieser Strukturen ist die glomeruläre Basalmembran in der Niere, welche als eine Art Filter fungiert und dafür sorgt, dass nur der Primärharn ausgeschieden wird und Blutbestandteile und Proteine zurückhält. Bei Alport-Patienten ist dieser kollagenhaltige Filter jedoch beschädigt, sodass unkontrolliert und unphysiologisch Proteine passieren können und dadurch eine Reihe von körpereigenen inflammatorischen Signalkaskaden auslösen. Diese permanenten Entzündungsreaktionen führen zu Fibrosen, die die Basalmembran und umliegendes Gewebe weiter progressiv schädigen. Letztendlich führt der Weg für Betroffene unweigerlich zum endgültigen Nierenversagen.
Das dramatische am Alport Syndrom ist die Tatsache, dass durch die kontinuierliche Belastung der Nieren, diese oft schon in jungen Jahren anfangen zu versagen. So sind 10-20% der Patienten zu diesem Zeitpunkt jünger als 18 Jahre und das mittlere Alter bei Eintritt des Nierenversagens liegt bei 38 Jahren. Die Nieren sind jedoch nicht die einzigen Organe, die durch das genetisch bedingt geschädigte Kollagen beeinflusst werden. So befindet sich das Typ IV Kollagen auch in der Basalmembran im Innenohr und in der Augenlinse, Hornhaut und Netzhaut. So leiden viele Alport-Patienten zudem noch an charakteristischen Hör- und Seheinschränkungen bzw. -verlusten.
Die Krankheit führt zu einer enormen körperlichen und auch psychischen Belastung für die Patienten. Patienten berichten auf die Frage nach ihren belastendsten Symptomen von Erschöpfungszuständen, die sie in ihrem Alltag stark beeinträchtigen, Depressionen und Angst vor den Folgen des Nierenversagens sowie der Hörverlust, der mit sozialer Isolation einhergehen kann.
Bei Betrachtung der aktuellen medizinische Versorgung wird deutlich, dass hier dringend neuartige Medikamente entwickelt und auf den Markt gebracht werden müssen. Betroffene werden derzeit rein symptomatisch behandelt – ohne die zugrundeliegende Entzündung zu adressieren. So wird Hörverlust symptomatisch mit Hörgeräten versorgt und die Belastung der Nieren mit blutdrucksenkenden Medikamenten wie ACE-Hemmern (Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer) und ARBs (Angiotensin II-Rezeptorblocker) reduziert. Die blutdrucksenkenden Medikamente können das Nierenversagen bei Betroffenen häufig um einige Jahre herauszögern. Sie werden jedoch nicht von allen Patienten vertragen und haben Nebenwirkungen, die sich bei jungen Menschen oft in Schwindel und Kreislaufproblemen äußern und deren ohnehin schon beeinträchtigte Lebensqualität noch weiter einschränken.
Als Strategieberatung im Gesundheitswesen setzt sich die SKC Beratungsgesellschaft dafür ein, dass neue Medikamente für seltene Erkrankungen auf den deutschen Gesundheitsmarkt kommen und somit die Versorgung für die betroffenenPatienten verbessert werden kann. Deshalb berichten wir in dieser Blogserie zum Rare Disease Day über ausgewählte seltene Erkrankungen.
Quellen:
- National Kidney Foundation, 2019, "The Voice of the Patient – Externally led patient-focused drug development meeting on Alport Syndrome"
- Wilson A, Hariri A, DasMahapatra P. Burden of Alport syndrome in the United States: A retrospective observational cohort study using Optum de-identified electronic health record data. American Society of Nephrology Congress; Virtual 2020.
- Alport.de
- Alport Selbsthilfe
* Die Bezeichnung Patient / Patienten richtet sich an alle Personen unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung.