Hämophilie-Markt erwacht aus Dornröschen-Schlaf – langwirkende Medikamente und Gentherapien bieten große Potentiale

Mi, 20.12.2017
Der Hämophilie-Markt ist endlich aus seinem Dornröschenschlaf erwacht. Nachdem die letzten Jahre durch „kleinere“ Innovationen geprägt waren, könnten langwirkende oder gentherapeutische Medikamente den existierenden Markt jetzt aufbrechen.

Langwirkende Medikamente bieten Hämophilie-Patienten einen enormen Vorteil, da ihnen dadurch die tägliche, oft intravenöse Behandlung erspart bleibt. Beeindruckende Umsätze wurden bereits mit rekombinanten Blutgerinnungsfaktoren wie Eloctate (Bioverativ Inc.: USD 186 Millionen im 3. Quartal 2017) oder Kovaltry (Bayer AG: EUR 1,17 Milliarden 2016) generiert. Aber auch aktuelle Innovationen wie Roche’s Hemlibra sind extrem erfolgversprechend. Hier konnte in einer ersten klinischen Studie die Häufigkeit von auftretenden Blutungen von Hämophilie A-Patienten mit Faktor VIII Inhibitoren um 87% reduziert werden. Trotz verschiedener Herausforderungen hat die US-amerikanische Food and Drug Administration die US-Zulassung für Hemlibra im November 2017 erteilt.

Weitaus größere Markt-Eruptionen werden jedoch von gentherapeutischen Medikamenten erwartet. BioMarin’s Medikament BMN 270 hat in einer offenen Phase 1/2 Studie mit Hämophilie A-Patienten zu einem Faktor VIII-Niveau von über 50% geführt, was dem Niveau eines gesunden Menschen entspricht. Wegweisend ist auch SPK-9001, ein Medikament für Hämophilie B von Spark Therapeutics Inc. und Pfizer Inc., mit dem Potential einer dauerhaften Aktivität des Gerinnungsfaktors IX nach einer nur einmaligen Infusion. Außerdem entwickeln Alnylam Pharmaceuticals Inc. und Sanofi SA eine Art Universalmedikament (Fitusiran), welches zur Behandlung von Hämophilie A und B Erkrankten, mit und ohne Inhibitoren, angewendet werden soll. Weitere Pharmaunternehmen wie Sangamo Therapeutics Inc., Shire plc oder UniQure N.V. erhoffen sich mit ihren gentherapeutischen Innovationen den Durchbruch im Hämophilie-Markt.

All diese Neuerungen bedrohen die bestehenden Marken. So erwarten Unternehmen wie Novo Nordisk A/S oder Shire, dass innovative Hämophilie-Medikamente in den nächsten Jahren bis zu 50% ihrer bestehenden Umsätze abschöpfen werden. Trotzdem bilden Medikamente gegen die Bluterkrankheit einen hoch lukrativen Zweig des Pharmamarkts. So beläuft sich der globale Umsatz derzeit auf geschätzte USD 10 Milliarden. Marktforscher prognostizieren darüber hinaus gewaltige Zukunftspotentiale und erwarten, dass der Marktumsatz bis 2024 eine Größe von USD 15 bis 25 Milliarden erreichen wird. Somit kommt nun endlich Bewegung in den Hämophilie-Markt, wovon letztendlich die Patienten profitieren werden.

VON Univ.-Prof. Dr. med. Matthias P. Schönermark, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter, SKC Beratungsgesellschaft mbH

Quellen:
Bio Pharma Dive - Disruption of the year: Long-Acting Hemophilia Drugs
Roche - Media Release Hemlibra
BioMarin - BMN 270 for Hemophilia A
Spark Therapeutics and Pfizer Announce Publication in The New England Journal of Medicine
Handelsblatt - BioTechFirmen treiben Gentherapie voran: neue Hoffnung für Bluter-Kranke
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