GKV-Finanz­sta­bi­li­sie­rungs­ge­setz

Zweiter Referentenentwurf

Di, 12.07.2022
Das Bundesgesundheitsministerium hat seinen zweiten Entwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorgelegt. Leider ist auch dieser Entwurf für die Pharmaindustrie nicht positiv ausgefallen.

Dies sind die wichtigsten Aspekte für Pharmaunternehmen:

Thema Vorgeschlagene Änderung Änderung seit 1. Entwurf
Orphan Drug Privilegien Die maximale jährliche Umsatzschwelle für den Verlust des Orphan-Drug-Privilegs im Rahmen des AMNOG-Prozesses wird von 50 Mio. EUR auf 20 Mio. EUR gesenkt (es ist unklar, ob bereits vermarktete Produkte davon nicht betroffen sind). Bestätigt, keine Änderung.
Freie Preisgestaltung Der Zeitraum der freien Preisgestaltung für innovative Arzneimittel, die im Rahmen des AMNOG-Verfahrens bewertet werden, wird auf sechs Monate verkürzt. Der verhandelte § 130b SGB V-Rabatt gilt ab dem ersten Tag des 7. Monats - dies gilt auch für erneute Preisverhandlungen. Bestätigt, keine Änderung.
Kombinationsprodukte Für neu eingeführte, innovative Arzneimittel wird ein Preisnachlass von 20% für Kombinationsprodukte eingeführt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nennt die entsprechenden Produkte in seinem Beschluss. Die konkreten Modalitäten müssen noch festgelegt werden. Bestätigt, keine Änderung.
Verwurf Mehr als 20% Verwurf durch unwirtschaftliche Packungsgrößen werden in Form eines Rabatts auf den verhandelten Preis angerechnet. Bestätigt, genauerer Schwellenwert.
Preismoratorium Das Preismoratorium wird bis zum 31. Dezember 2026 verlängert. Bestätigt, keine Änderung.
Apothekenabschlag Der Apothekenabschlag wird für einen Zeitraum von zwei Jahren auf 2 EUR erhöht. Bestätigt, keine Änderung.
Mengenbezogene Aspekte Mengenbezogene Aspekte, wie z.B. Mengenstaffelungen oder Jahreshöchstmengen, müssen Bestandteil von Preisverhandlungsverträgen nach § 130b SGB V sein. Bestätigt, keine Änderung.
Kein Zusatznutzen Kein Zusatznutzen: Die Jahrestherapiekosten sollten mindestens 10% unter der wirtschaftlichsten Vergleichsgruppe liegen ("Soll-Regelung"). Neu hinzugefügt.
Kein Zusatznutzen aufgrund begrenzter Evidenz Kein Zusatznutzen aufgrund begrenzter Evidenz oder unvollständigem Dossier führt zu einer deutlichen Senkung der Jahrestherapiekosten im Vergleich zum wirtschaftlichsten Komparator ("Muss-Regelung"). Neu hinzugefügt.
Geringer oder nicht quantifizierbarer Zusatznutzen Geringer oder nicht quantifizierbarer Zusatznutzen: Die Jahrestherapiekosten dürfen nicht höher sein als die des wirtschaftlichsten Komparators ("Soll-Regelung"). Neu hinzugefügt.
Zweckmäßige Vergleichstherapie (zVT) Wenn die wirtschaftlichste zVT ein Generikum ist, gelten die Kostenschwellen (siehe oben) nicht. Neu hinzugefügt.
Anwendungsbegleitende Datenerhebung Werden die Anforderungen der anwendungsbegleitenden Datenerhebung nicht erfüllt, müssen die Jahrestherapiekosten unter dem ursprünglich verhandelten Preis liegen. Neu hinzugefügt.
Patentgeschützte zVTs oder vergleichbares Arzneimittel (vAM) Wenn die zVT oder ein vAM nicht das AMNOG-Verfahren durchlaufen hat, aber noch patentgeschützt ist, müssen die Jahrestherapiekosten des Wirkstoffs um 15% reduziert werden. Neu hinzugefügt.
Kündigungsfrist Die Standardkündigungsfrist für alle Erstattungsbetragsvereinbarungen beträgt 3 Monate. Neu hinzugefügt.
Solidaritätsbeitrag Die pharmazeutische Industrie zahlt in 2023 und 2024 einen Solidaritätsbeitrag in Höhe von 1 Milliarde Euro pro Jahr - aufgeteilt nach dem Ausgabenvolumen für alle patentgeschützten Arzneimittel und Orphan Drugs der gesetzlichen Krankenkassen im vorangegangenen Kalenderjahr. Neu hinzugefügt.
Verpflichtender Herstellerabschlag Der verpflichtende Herstellerabschlag, insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel nach § 130a Abs. 1 S. 1 1 S. 1 ("allgemeiner Herstellerabschlag"), wird begrenzt und gestaffelt und durch das Arzneimittelrabattgesetz bestimmt. Gelöscht.
Mehrwertsteuer Die Mehrwertsteuer für Arzneimittel wird ab 2023 auf 7 % gesenkt (Teil eines separaten Gesetzes). Gelöscht.

 

Wie in unserem ersten Blog über den ersten Referentenentwurf erwähnt, hoffen wir, dass die Lobbymacht der Pharmaunternehmen und ihrer Verbände den Gesetzesvorschlag im Laufe des Sommers aufweichen wird. Nichtsdestotrotz empfehlen wir, den Änderungen einen Schritt voraus zu sein und die strategischen Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen auf Ihr Portfolio mit Hilfe eines Szenariomodellansatzes sorgfältig zu bewerten.

Neben der allgemeinen Bewertung der Attraktivität des deutschen Marktes und der Antizipation von Market Access Szenarien für die Produkte unserer Klienten sind verschiedene Faktoren zu analysieren und zu berücksichtigen, um die Market Access Situation der derzeit vermarkteten Produkte zu verbessern und eine erfolgreiche Einführung von Pipeline-Produkten zu gewährleisten, wie z.B. (nicht vollständig):

  • Nischen- und Preisstrategien, um sicherzustellen, dass man unterhalb der 20 Mio. Euro Jahresumsatzschwelle bleibt
  • Frühzeitige Diskussion mit Regulatory Affairs über Packungsgrößen und Labeldefinition
  • Sondierung von Bündelungsoptionen und Bewertung der Launch Sequenz
  • Definition eines Labels, das sicherstellt, dass es einen aktiven Komparator gibt (im besten Fall ein teureres Generikum), um Best-Supportive-Care oder Watchful-Waiting als Preisanker zu umgehen
  • Auswahl von Endpunkten zur Darstellung maximaler Effekte und verbesserte Validierung von Surrogatendpunkten gemäß der IQWiG-Methodik, um das Ergebnis der Nutzenbewertung zu verbessern

Als Market Access Special Forces unterstützt SKC die Analyse der Auswirkungen, welche die potenziellen Änderungen auf das Portfolio unserer Kunden haben können.

Über den Autor

Ihre Ansprechpartnerin  Fenja Lang
Fenja Lang
Head of Business Development, Director
M.A. Medizinmanagement
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