Evaluation des GKV-FinStG zum jetzigen Zeitpunkt substanzlos?
Verbände nehmen Stellung
Das BMG erbat nun von verschiedensten Gesellschaften und Verbänden eine Stellungnahme zu den Auswirkungen des GKV-FinStG. Insbesondere sollten hier die Absenkung der Umsatzschwelle für Orphans, der Kombinationsrabatt, die Erhöhung des Herstellerrabattes, die Preis-Mengen-Regelung, die Leitplanken für die Erstattungsbetragsverhandlung sowie die rückwirkende Geltung des Erstattungsbetrags beurteilt werden.
Kritik und Ausblick der Gesellschaften und Verbände
In übereinstimmenden Tenor kritisieren unter anderem der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) als auch die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) den kurzen Evaluationszeitraum von etwa 6 Monaten stark. Seit Inkrafttreten des FinStG hat noch kein einziges neu eingeführtes Arzneimittel das AMNOG-Verfahren komplett durchlaufen. Es stehen somit nur sehr bedingt Daten für eine fundierte Folgenabschätzung der Maßnahmen zur Verfügung und es besteht die Gefahr, die Tragweite der gesetzgeberischen Eingriffe zu unterschätzen.
Nichtsdestotrotz kristallisiert sich schon jetzt heraus, dass Arzneimitteleinführungen später oder gar nicht in Deutschland bzw. der EU angestrebt werden. Eine vfa-Mitgliederbefragung ergab beispielsweise, dass 30 Arzneimittel dem Risiko unterliegen, in den kommenden 2 Jahren nicht in Deutschland in die Versorgung zu kommen, 13 Arzneimittel deutlich verzögert oder gar nicht in Deutschland verfügbar sein werden und das sich 5 EU-Zulassungen verzögern oder gar nicht erst angestrebt werden aufgrund der gesetzlichen Änderungen durch das GKV-FinStG. Öffentliche Fallbeispiele stellen unter anderem die Marktrücknahmen von Spesolimab und Amivantamab dar sowie die Nicht-Einführung der Kombination von Nivolumab und Relatlimab oder des Kapsid-Hemmers Lenacapavir.
BPI und vfa kritisieren ausdrücklich die weitreichenden Eingriffe durch das FinStG in das zuvor etablierte Bewertungs- und Preisfindungssystem des AMNOG und die Abkehr von dem Grundprinzip der angemessenen Vergütung zusätzlicher therapeutischer Vorteile. Das Gesetz ist durch Einseitigkeit, Vertragsbruch durch Eingriff in ausgehandelte Vereinbarungen und laufende Verfahren, Willkür und unnötiger Bürokratie geprägt, die weder dem System noch den Patientinnen und Patienten zugutekommt. Die Einführung der Leitplanken führt beispielsweise zu einem kontinuierlichen „Kellertreppeneffekt" und einer negativen Preisspirale. Auch sei die Kumulationswirkung der Preissenkungsinstrumenten aus starren Leitplanken, systemfremden Preis-Mengen-Rabatten, Kombinationsrabatten oder die Erhöhung des Herstellerrabattes an keiner Stelle des Gesetzes bedacht. Insbesondere für Hersteller von Orphan Drugs setzt das System falsche Anreize, kritisiert ACHSE, und es wird befürchtet, dass sich dies nachteilig auf die Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen auswirkt.
Die Verbände plädieren, dass der gesetzliche Evaluationsauftrag verlängert wird, um die bereits jetzt schon klar unerwünschten Trends und prognostizierten negativen Effekte aussagekräftig evaluieren zu können. Ob der gesetzliche Evaluationsauftrag zu den Auswirkungen des GKV-FinStG durch die Kritik der Verbände zu einer Anpassung der Gesetzteslage führen wird, ist unklar. Wir von SKC monitoren die Entwicklungen rund um das GKV-FinStG weiter aufmerksam und informieren Sie über alle Neuerungen. Nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf, wenn Sie Fragen zu strategischen Implikationen des GKV-FinStG haben. We are the market access special forces.
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Über den Autor
Senior Consultant
M.Sc. Biochemie
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