Rekordhoch an G-BA Nutzenbewertungen im Jahr 2021

Geschäftsbericht 2021

Di, 02.08.2022
In seinem alljährlichen Geschäftsbericht veröffentlicht der Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) unter anderem Daten und Fakten rund um den Prozess der frühen Nutzenbewertung und gibt dieses Jahr zudem Einblicke in die Entwicklung des EU-Health Technology Assessment-Verfahrens (EU HTA) aus dem Geschäftsjahr 2021.

Anzahl der Nutzenbewertungen auf Rekordhoch
Seit der Einführung des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) im Jahr 2011 werden in Deutschland alle neu verfügbaren Arzneimittelwirkstoffe vom G-BA auf ihren Zusatznutzen geprüft, um festzustellen, in welchem Ausmaß diese zu Therapiefortschritten von Patient*innen führen. Diese Bewertungen des G-BA legen den Grundstein für die Preisgestaltung der Arzneimittel und erreichten im Jahr 2021 mit 146 Bewertungen ein Rekordhoch. Der Anteil der Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen (Orphan Drugs) betrug im Jahr 2021 etwa 19% und ist damit vergleichbar mit dem Anteil, der in vergangenen Jahren beobachtet werden konnte. Der größte Anteil an neu zugelassenen Wirkstoffen wurde mit 38% hingegen im Bereich der Onkologika beobachtet. In diesem Zusammenhang weist der G-BA auf die Zunahme von Kombinationstherapien und die damit verbundene Preissteigerung hin. Dieser vermeintlichen Entwicklung wird mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz entgegengewirkt (siehe SKC Blogbeitrag zum kürzlich erschienen Kabinettsentwurf).

Fünfmal mit erheblichem Zusatznutzen
In seinen Nutzenbewertungen kam der G-BA im Jahr 2021 fünfmal zu der Feststellung eines erheblichen Zusatznutzens und somit zur höchstmöglichen Kategorie des Zusatznutzens. Unter diesen Wirkstoffen befindet sich die Wirkstoffkombination Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor zur Behandlung von Mukoviszidose (zystischer Fibrose). Ebenfalls als erheblich stufte der G-BA den Zusatznutzen für den Wirkstoff Nusinersen zur Therapie der seltenen Erbkrankheit spinale Muskelatrophie (SMA) sowie für den Wirkstoff Blinatumomab zur Behandlung akuter lymphatischer Leukämie bei Kindern ein.

G-BA Beratungsgespräche nehmen zu
Bei der Anfrage nach offiziellen Beratungsgesprächen mit dem G-BA ließ sich im Jahr 2021 eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr von 259 auf 292 beobachten. Insbesondere wurden Beratungsgespräche von Pharmafirmen in Anspruch genommen, um während der Planung klinischer Studien Fragen zum Studiendesign zu stellen und somit belastbare Daten für die spätere Nutzenbewertung zu generieren. Um den Zugang zu Beratungsgesprächen zu verbessern wurde 2021 die Wartezeit der pharmazeutischen Unternehmen auf ein entsprechendes Beratungsfenster von 8 auf 3 Monate verkürzt.

Deutsche HTA-Standards auf EU-Ebene
Weiterhin war der G-BA im Jahr 2021 an der Entwicklung der zukünftigen EU-weiten Arzneimittelbewertung mitbeteiligt. Planmäßig werden sukzessive ab 2025 neue Arzneimittelwirkstoffe, Gen- und Zelltherapien sowie Medizinprodukten auf der Basis europaweit einheitlicher Bewertungsberichte auf ihren Zusatznutzen überprüft. Die Ausgestaltung der gemeinsamen europäischen Nutzenbewertung wird derzeit von einem Konsortium aus 13 Mitgliedsorganisationen (EUnetHTA21) erarbeitet. Der G-BA und das IQWiG sind maßgeblich daran beteiligt und bekunden ihr starkes Interesse daran, die hohen und differenzierten Standards, die aktuell in Deutschland Anwendung finden, auch auf europäische Ebene umzusetzen. 

Wir bei SKC verfolgen die Entwicklung des EU HTA aufmerksam und nehmen aktiv und umfassend am Stellungnahmeprozess teil. Wir beraten unsere Klienten daher bereits jetzt hinsichtlich der zweckmäßigen Anpassungen auf dem Weg zur EU-weiten Nutzenbewertung - neue Erkenntnisse und Entwicklungen bringen wir direkt in unser tägliches Beratungsgeschäft ein.

DMP & ASV – die Umsetzung in die Praxis hakt
Für eine ganzheitliche Betrachtung des Marktzugangsprozesses sind auch Entwicklungen von Bedeutung, die die strukturierte Behandlung von einerseits chronischen Erkrankungen in Disease-Management-Programmen (DMP, gemäß §137f SGB V) und andererseits komplexen oder seltenen Erkrankungen in Verträgen zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV, gemäß §116b SGB V) betreffen. In 2021 hat der G-BA als 10. Indikation die Therapie der rheumatoiden Arthritis mit einem DMP in strukturierte Bahnen gelenkt. Der G-BA analysiert aktuell, warum vor allem die neuen DMPs in der Praxis bisher keine breite Anwendung finden, hat aber bereits die Arbeit an einem weiteren DMP für die Therapie der Adipositas aufgenommen.

Im Bereich der komplexen Erkankungen hat der G-BA im vergangenen Jahr zwei weitere Indikationen in die ASV aufgenommen: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und Tumoren des Gehirns und der peripheren Nerven. Auch im Bereich der ASV-Verträge, die mittlerweile 18 Themen umfassen, gibt es ein laufendes Projekt, welches sich mit den Hürden in diesem Zusammenhang auseinandersetzt.

Quellen:
Geschäftsbericht 2021 – Gemeinsamer Bundesausschuss (g-ba.de)

Über den Autor

Ihre Ansprechpartnerin Dr. rer. nat. Laura  Könenkamp
Dr. rer. nat. Laura Könenkamp
M. Sc. Animal Biology and Biomedical Sciences
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