SKC-Analyse zum Rapiscan-Urteil des BSG

46 Nutzenbewertungsverfahren könnten rechtswidrig sein

Fr, 24.03.2023
Am 14.03.2023 veröffentlichte das Bundessozialgericht (BSG) die Begründung zum Urteil vom 22.02.2023, in dem die Durchführung der Nutzenbewertung durch den G-BA im Fall von Regadenoson (Rapiscan®) aufgrund des zulassungsrechtlichen Solistenstatus als rechtswidrig erklärt wurde.

Bis zu einer entsprechenden Gesetzesänderung kann dieses Urteil Implikationen für alle zukünftigen, aber auch vergangenen Nutzenbewertungsverfahren haben, in denen therapeutische Solisten bewertet wurden, also Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, für die als zweckmäßige Vergleichstherapie (zVT) ausschließlich Therapien ohne arzneimittelrechtliche Zulassung im vorliegenden Anwendungsgebiet bestimmt werden können.

In einer Analyse mit Hilfe der SKC-eigenen MAIS-Datenbank wurden alle AMNOG-Verfahren ohne Orphan-Status identifiziert, für die in der jeweils vorliegenden Indikation als zVT ausschließlich „Best Supportive Care" oder „beobachtendes Abwarten" festgelegt wurden. Das Ergebnis waren 46 Nutzenbewertungsverfahren (27 Verfahren mit zVT „Best Supportive Care" und 19 Verfahren mit zVT „beobachtendes Abwarten"), die im Zeitraum von August 2012 - Februar 2023 durchgeführt wurden. Nach dem Urteil des BSG ist aufgrund des zulassungsrechtlichen Solistenstatus der betroffenen Wirkstoffe im jeweils vorliegenden Anwendungsgebiet die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Durchführung einer Nutzenbewertung rechtswidrig war. Diese Verfahren müssen nun möglicherweise rückabgewickelt werden.

Im Fall von Erivedge®, Lonsurf®, Mulpleo®, Nerlynx®, Orkambi®, Palforzia®, Sialanar®, Slenyto®, Stivarga® und Zinplava® liegen außerdem keine weiteren Nutzenbewertungen in anderen Indikationen mit einer laut BSG rechtmäßigen zVT vor. Somit müsste die Preisregulierung auf Basis der Erstattungsbetragsverhandlungen mit dem GKV-SV, wie bei Rapiscan®, als gänzlich unwirksam erachtet und stattdessen der vom Hersteller frei festgesetzte Preis erstattet werden.

SKC wird die Auswirkungen des Urteils des BSG im Fall Rapiscan® auf das Nutzenbewertungsverfahren in Deutschland weiterhin verfolgen. Momentan scheint das juristische Ausmaß dieser weitreichenden Entscheidung noch nicht abschätzbar zu sein.

Quellen:

Über den Autor

Ihre Ansprechpartnerin Dr. rer. nat. Lydia Frick
Dr. rer. nat. Lydia Frick
M.Sc. Psychologie
Fon: +49 511 64 68 14 – 0
Fax: +49 511 64 68 14 – 18

Market Access Intelligence System


Unsere MAIS-Datenbank enthält alle relevanten Informationen zu AMNOG-Verfahren und verknüpft diese für umfangreiche Präzedenzanalysen.

Publikation


Is No Therapy a Therapy? - Effects of Watchful Waiting as Appropriate Comparator Therapy for New Drugs on Benefit Assessment and Pricing in Germany
nach oben