Verbesserte Orphan Drug Versorgung durch EU-Pharma-Paket?

Ist es realistisch?

Fr, 23.02.2024
Das EU-Pharma-Paket soll eine europaweite verbesserte Arzneimittelversorgung gewährleisten. Dabei soll u.a. durch eine mögliche Verlängerung der Marktexklusivität auch die Entwicklung von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen, den sogenannten Orphan Drugs, incentiviert werden. Doch es erscheint nicht ganz so einfach.

Am 26. April 2023 legte die EU-Kommission die „Reform of the EU pharmaceutical legislation“ vor, in Deutschland gemeinhin als EU-Pharma-Paket bezeichnet. Durch diese umfangreiche Reform sollen unter anderem die früheren Arzneimittelvorschriften ersetzt und vereinfacht werden. Das EU-Pharma-Paket soll dabei unter anderem die Versorgung der Patient:innen mit erschwinglichen Arzneimitteln gewährleisten und die Versorgungssicherheit stärken, insbesondere in Indikationen und mit hohem ungedeckten medizinischen Bedarf (etwa im Hinblick auf Antibiotikaresistenzen).

Ein besonderer Fokus liegt dabei auch auf der Versorgung der Patient:innen mit Arzneimitteln für seltene Erkrankungen (Orphan Drugs) und Kinderarzneimitteln. Die Erforschung von Erkrankungen, die nur eine kleine Patientengruppe betreffen, sind finanziell besonders herausfordernd für pharmazeutische Unternehmen: hohe Unsicherheiten erschweren Investitionen. Die Forschung an eben solchen seltenen Erkrankungen und die damit einhergehende Entwicklung von Arzneimitteln stellen allerdings eine unverzichtbare Grundlage dar, um die Behandlung dieser oftmals schwer leidenden Patient:innen zu ermöglichen. Die Entwicklung von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen ist zudem aus wissenschaftlichen und klinischen Gesichtspunkten herausfordernd. So sind beispielsweise die Planung robuster klinischer Studien und die Auswahl und Rekrutierung ausreichender und geeigneter Studienteilnehmer:innen deutlich erschwert.   

Um die Entwicklung von Orphan Drugs zu incentivieren, sieht das EU-Pharma-Paket vor, die Zeitspanne der Marktexklusivität, das heißt die Zeitspanne, in der nach Zulassung eines Arzneimittels keine ähnlichen Medikamente für dieselbe Indikation auf den Markt kommen können, zu verlängern. Bisher liegt diese Zeitspanne bei zehn Jahren. Durch das EU-Pharma-Paket (Stand Februar 2024) würde diese Zeitspanne zunächst auf neun Jahre herabgesetzt werden, die allerdings bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auf 13 Jahre verlängert werden kann. Diese Voraussetzungen sind beispielsweise die Einführung des Medikaments in allen Mitgliedsstaaten der EU oder die Deckung eines hohen medizinischen Bedarfs. Ob diese Incentivierungen tatsächlich greifen, ist zumindest fraglich: Kann ein kleines pharmazeutisches Unternehmen mit unter 50 Mitarbeitern die o.g. Anforderungen in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten überhaupt erfüllen?

Insgesamt gibt es rund 6.000 bis 8.000 seltene Erkrankungen – für rund 200 dieser Erkrankungen sind bisher Therapien verfügbar. Das bedeutet für ca. 98 % der betroffenen Patient:innen gibt es noch keine zugelassene kausal wirkende Therapie. Wie wichtig die Erforschung seltener Erkrankungen, und die Entwicklung von Arzneimitteln für diese Erkrankungen ist, wird vor diesem Hintergrund besonders deutlich.

Inwiefern die durch das EU-Pharma-Paket vorgeschlagenen Änderungen einen positiven Einfluss auf die Versorgung der Patient:innen mit Orphan Drugs haben können, bleibt abzuwarten. In jedem Fall kommen auf die Akteure am Markt Änderungen zu, auf die es sich vorzubereiten gilt. Allerdings wird die Wahl des EU-Parlaments sich auf die ursprünglich gesetzte Timeline auswirken. Eventuell ergeben sich hier wie in der jüngsten Vergangenheit noch relevante Änderungen am Umfang des EU-Pharma-Pakets.

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Quellen:

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Lena Jürges
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